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Auf den Spuren der Tempelburg Rethra

Aktualisiert: 26. Jan.

Seit über einhundert Jahren suchen Archäologen, Heimatforscher und Hobbyschatzjäger die sagenhafte Tempelburg Rethra. Hier soll das zentrale Heiligtum der Elb- und Ostseeslawen gestanden haben und im Jahre 983 der große Aufstand der im Liutizenbund vereinigten slawischen Stämme beschlossen und der Widerstand der Slawen gegen die Christianisierung koordiniert worden sein. An mehr als 30 Orten wurde Rethra bisher vermutet, u.a. auf den Inseln des Carwitzer Sees, dem Amtswerder in Feldberg und auf dem Schlossberg am Breiten Luzin. Doch sicher lokalisiert wurde die Tempelburg der Slawen bisher nicht.


Gesucht wurde eine „dreihörnige“ Inselburg, wobei die „Hörner“ als drei Landzungen gedeutet wurden. Eine derartige naturräumliche Situation findet man im Carwitzer See. Der größte See der Feldberger Seenplatte ist durch drei Halbinseln (Conower Werder, Bohnenwerder und nördlich die Halbinsel zwischen Carwitzer See und Zansen) so stark gegliedert, dass er fast in mehrere Bestandteile zerfällt. Im See befinden sich einige Inseln (Jägerwerder, Gänsewerder, Steinwerder, Bollenwerder, Kohlwerder). Im Jahre 1883 wurden bei einer Grabung auf dem Jägerwerder die Reste eines kleinen Einschmelzofens gefunden. Angeblich soll sich mitten im See auch eine Untiefe befinden. Auf ihr sollen in nur 1,5 Meter Wassertiefe die Stümpfe von gefällten Eichen zu sehen sein.


Blick auf den Carwitzer See


Auf den Inseln und Halbinseln des Carwitzer See wurde zwar eine Vielzahl an slawischer Keramik gefunden, doch konnte Rethra dort nicht nachgewiesen werden. Dann wurde der Amtshof auf dem Amtswerder in Feldberg als möglicher Standort von Rethra angesehen. Der Wasserstand war zur Slawenzeit deutlich niedriger, so dass sich die damalige Halbinsel heute zum großen Teil unter der Wasseroberfläche des Haussees befindet. Gustav Oesten und Rudolf Virchow beschrieben Ende des 19. Jahrhunderts, dass sie entlang der Halbinsel Feldberg unter der Wasseroberfläche Reste von Bauten aus Eichenholz, Brückenreste und im Durchstich vom Haussee zum Luzin gut erhaltene, bis zu 40 cm starke, scharf vierkantig bearbeitete eichene Pfähle mit dahinterliegenden Bohlen als bollwerkartige Uferbefestigung lokalisiert hatten. Sie fanden neben einer Vielzahl an Keramikscherben, Eisengegenstände, Messer, eine Pfeilspitze, einen Kamm aus Knochen, ein Gefäß mit Wellenverzierung, einen Spinnwirtel und einen Stechschlüssel aus bronzeartigem Metall. Es wäre interessant die Eichenpfähle im Haussee sowie die Untiefe im Carwitzer See zu lokalisieren, den Zustand zu dokumentieren und Holzproben zur dendrochronologischen Untersuchung zu entnehmen.



Feldberger Haussee


Einen weiteren Standort Rethras wurde auf dem Schlossberg am Breiten Luzin vermutet. In den 1920iger Jahren kam Carl Schuchhardt nach Untersuchungen vor Ort zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Burganlage auf dem Schlossberg um das lange gesuchte Rethra handeln müsse. Es wurden frühslawische Spuren aus dem 7./8. Jahrhundert in der Höhenburg auf dem Schlossberg bei Feldberg gefunden. Die Keramikfunde vom Schlossberg zeigen einen besonders qualitätsvollen Stil, der nach der von Ewald Schuldt aufgestellten Typologie slawischer Keramik in Mecklenburg als Feldberger Gruppe bezeichnet wird. Bis in die frühen 1950er Jahre hinein glaube man, dass hier Rethra gelegen habe. Ender der 1960iger wurde diese Ansicht zweifelsfrei widerlegt. Ausgrabungen unter Leitung von Joachim Herrmann zeigten, dass die Burg schon vor der Rethra-Zeit verlassen war. Die Suche nach der sagenhaften Tempelburg der Slawen geht also weiter.


Breiter Luzin


Weiterführende Literatur:

Joachim Herrmann, Auf den Spuren der Tempelburg Rethra – Archäologische Forschungen und Taucharbeiten im Breiten Luzin bei Feldberg, in: Poseidon, Jg. 1968, S. 346 ff.

Gustav Oesten/Rudolf Virchow, Ueberreste der Wendenzeit in Feldberg und Umgegend (1), in: Zeitschrift für Ethnologie, Jahrgang 19, 1887 Sitzung vom 15. Januar 1887, S. 87-94.

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