Nachruf Martin Rauschert
- Roger Blum
- 27. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Juli
Nach einem erfüllten und ereignisreichen Leben ist am 26. Juni 2025 der Polar- und Unterwasserforscher Dr. Martin Rauschert verstorben. Er gehörte zu den ersten Tauchern und Unterwasserfotografen der DDR und war eng mit dem Tauchsportklub Adlershof verbunden.

In der Antarktis
Martin Rauschert wurde am 9. Mai 1934 in Berlin geboren. Schon als Kind faszinierte ihn die Welt unter Wasser. Er wuchs in einem Berliner Randbezirk recht naturverbunden auf und begann bereits in früher Jugend mit dem Bau eigener Tauchtechnik. Als 15-jähriger funktionierte Martin Rauschert eine alte Gasmaske zu einer Tauchmaske um. Mit selbstgebauter Maske, Flossen und Schnorchel erkundete er die Seen des Berliner Umlandes.

Auf Fotojagd, 1954
Da er seine Erlebnisse auf Bild festhalten wollte, begann er Anfang der 1950er Jahre mit dem Bau von Unterwassergehäusen. Aus einer Keksbüchse baute er sich 1954 ein Unterwassergehäuse für seine Praktica und machte damit die ersten brauchbaren Unterwasserfotos. 1957 begann er mit der Filmerei und baute einen alten Benzinkanister zum Kameragehäuse um.
Nach dem Abitur studierte Martin Rauschert an der Berliner Humboldt-Universität zu Berlin Pädagogik und Biologie. Zunächst arbeitete er von 1955 bis 1961 als Pädagogischer Mitarbeiter und Lehrer. Die Unterwasserfotografie war für ihn mehr als ein Hobby. Frühzeitig erkannte er deren Bedeutung für die angewandte Wissenschaft und erarbeitete theoretische und experimentelle Grundlagen der Unterwasserfotografie sowie spezielle Arbeitsmethoden für die Anwendung in Forschung und Industrie. 1961 bewarb er sich auf die Stelle des Sekretärs der Arbeitsgemeinschaft für Unterwasserforschung der Akademie der Wissenschaften. Rauschert erhielt die Stelle und konnte so, wie er einmal sagte, „sein Hobby zum Beruf machen“. In den 1960er und 1970er konnte er eine neue Qualität der Unterwasserforschung durch eine Zusammenarbeit mit dem Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften als auch durch eine Auftragsforschung für den VEB Baugrund erreichen.

Auftragsforschung für den VEB Baugrund
Martin Rauschert war als tauchtechnischer Leiter an mehreren bedeutenden unterwasserarchäologischen Forschungskampagnen beteiligt, u.a. an der Dokumentation und Erforschung der beiden slawischen Brücken im Oberuckersee in den Jahren 1962-1965.

1964 begann Martin Rauschert mit wissenschaftlichen Untersuchungen im Rahmen der Fischereiforschung. Er studierte das Verhalten von Fischen an Reusen, Stellnetzen und Zugnetzen. Durch die gefertigten Fotos und Filme sahen die Fischer erstmals, wie sich ihre Fanggeräte und -objekte unter Wasser verhielten. Die "Reaktion von Fischen an Fanggeräten" wurde Rauscherts Dissertationsthema und beschäftigte ihn mehrere Jahre lang bis zur Promotion im Jahre 1971.
Im Sommer 1974 wurde er beauftragt, arbeitende Taucher und unter Wasser installierte Gerätschaften an der sowjetisch-bulgarischen Unterwasserstation „Tschernomor II“ unter wissenschaftlich-methodischen und dokumentarischen Gesichtspunkten zu fotografieren. Die Unterwasserstation in der bulgarischen Schwarzmeerbucht bei Kap Maslen Nos auf etwa 20 m Tiefe verankert.
Nach der Akademiereform wechselte Martin Rauschert ans Institut für Wirbeltierforschung der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Ende der 1970er Jahre wurde er gefragt, ob er in die Antarktis Pinguine unter Wasser fotografieren möchte. Rauschert ließ sich diese einmalige Chance nicht entgehen. 1980 machte er sich zum ersten Mal auf den Weg in die Antarktis. Seine Arbeitsaufgaben umfassten neben ornithologische Beobachtungen vor allem Benthoaufsammlungen (Erforschung der Lebewesen unmittelbar am Meeresboden) sowie Film- und Fotodokumentationen.

Unter dem Eis

Zweimal überwinterte Martin Rauschert (links) in der Antarktis und lebte dabei jeweils etwa eineinhalb Jahre auf der sowjetischen Station „Bellingshausen“. Es entstand eine zehnteilige Fernsehfolge über die erste Antarktisüberwinterung (1980-1982) und eine fünfteilige Dokumentation über die zweite Überwinterung (1984-1986). Nach der Wende arbeitete er am Alfred-Wegener-Institut des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung.

Seeelefanten

Martin Rauschert nach der Rückkehr aus der Antarktis
Martin Rauschert fotografierte, sammelte und beschrieb mehrere neue Tierarten. Nach der Wende begleitete er weitere Expeditionen in die Polarregionen und lebte mehrere Monate im Zelt auf der argentinischen Antarktisstation „Jubany“. Martin Rauschert und seine Tochter Grit hatten dem Museum mehrere Kisten mit Exponaten von seinen Reisen übergeben. Die Technik für die Taucheinsätze konstruierte und baute er meist selbst. Insbesondere die Kameragehäuse mussten wasserdicht und den Anforderungen entsprechend bedienerfreundlich gestaltet werden. In unserem Museum widmet sich eine ganze Vitrine seiner Arbeit.Wir sind stolz, seine Tauchtechnik in unserem Museum zeigen zu können.

Uwe Scholz, Roger Blum und Martin Rauschert (v.l.n.r.) im Sporttauchermuseum des Tauchsportklubs Adlershof, 2024
Im Rahmen der Festveranstaltung zu 10. Museumsjubiläum im Jahre 2024 wurde ihm die TSK-Ehrenmitgliedschaft für seine Verdienste um den Tauchsport und den Tauchsportklub Adlershof verliehen.
Wir werden sein Andenken bewahren.
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