Tauchen in Wendenschloß, Berlin-Köpenick
Südlich der Müggelberge erstreckt sich das Seengewirr der Dahme mit dem Seddinsee, der Kleinen und Großen Krampe und dem nach Grünau reichenden Langen See. Hier befinden sich - wenn auch bei eingeschränkter Sicht - mehrere interessante Tauchplätze. So wird von einem Flugzeugwrack im Seddinsee, einem Schiffswrack in der Großen Krampe bei Müggelheim und einer im 2. Weltkrieg errichteten künstlichen Stadt im Großen Müggelsee berichtet. Ein weiterer Tauchplatz führt mich an den Langen See. An dessen Ufer befinden sich nicht nur die Regattastrecke Berlin-Grünau, das Strandbad Grünau, viele Bootshäuser und Ausflugsgaststätten sondern auch das Sporttauchermuseum Wendenschloß.
Geschichtliches
Wendenschloß liegt im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick etwa dreieinhalb Kilometer von der Altstadt Köpenick entfernt. Der Name verweist auf die Wenden, die hier einst wohnten. Der Sammelbegriff für verschiedene slawische Stämme geht die auf die lateinische Bezeichnung der Wandalen zurück (Vandalia bzw. Vandalorum = Wendenland). Sie errichteten am strategisch wichtigen Zusammenfluss von Dahme und Spree auf einer Insel in der Dahme eine Burg und gaben dem Ort den Namen Copnic (= Inselort). Die Burg Köpenick lag unweit des heutigen Köpenicker Altstadtkerns. Im 12. Jahrhundert befand sich hier die Hauptburg und Hauptansiedlung der slawischen Sprewanen unter ihrem Fürsten Jacza bzw. Jaxa von Köpenick. Im Jahre 1245 eroberten die Askanier die Schlossinsel und die Slawen wurden auf das östliche Ufer der Dahme umgesiedelt.
Im Jahre 1558 wurde die Köpenicker Burg durch ein Jagdschloss ersetzt. Das Schloss erlangte wieder Bedeutung als König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1730 im Wappensaal des Schlosses Köpenick den Hochverratsprozess gegen seinen Sohn, Kronprinz Friedrich, den späteren Friedrich II. von Preußen, und Leutnant Katte durchführen ließ.
Taucher fanden ein historisches Vorderlader-Perkussionsschlossgewehr unweit des Köpenicker Schlosses
Im Jahre 2014 fanden Taucher des Tauchsportklubs Adlershof im ProSport24 e.V. unweit des Köpenicker Schlosses während einer Mülltauchaktion im Schlamm des Köpenicker Stichkanals ein historisches Vorderlader-Perkussionsschlossgewehr. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen ließ die Köpenicker Polizei das gut erhaltene Fundstück auf dem Sprengplatz Grunewald vernichten, anstatt es dem Verein zwecks Ausstellung im Tauchermuseum zurückzugeben.
Der Mitropa-Schatz
Eine weitere interessante Entdeckung machten die Taucher des Tauchsportklubs Adlershof im ProSport24 e.V. vor dem Historischen Fährhaus in Berlin-Wendenschloss. In 2-3 m Tiefe entdeckten sie zufällig einige gut erhaltene MITROPA-Tassen und Teller. Das weiße Porzellan ist bei Sammlern sehr beliebt. Da unter dem Schlamm größere Mengen vermutet wurden, entstand irgendwann die Geschichte vom MITROPA-Schatz. Mehrfach wurde er gesucht, aber nicht gefunden.
Zu DDR-Zeiten bewirtschaftete die im Jahre 1916 gegründete MITROPA (eigentlich Mitteleuropäische Schlaf- und Speisewagen Aktiengesellschaft) Speise- und Schlafwagen sowie eine Vielzahl von gastronomischen Einrichtungen vor allem in den größeren Bahnhöfen. Ab 1954 übernahm sie dann auch die gastronomische Versorgung auf den Schiffen der Weißen Flotte in Berlin. Die Fundstücke am Historischen Fährhaus stammen unzweifelhaft von den Schiffen der Weißen Flotte, die hier eine Fährverbindung zwischen Wendenschloß und Grünau unterhielt.
Zum Weihnachtstauchen am 4. Advent des Jahres 2014 machten sich Taucher des Tauchsportklubs Adlershof erneut auf die Suche. Und diesmal wurden sie fündig. Gut erhaltene Tassen, Untertassen, Teller und Kaffeekännchen, Edelstahl-Besteck mit dem Mitropa-Logo und Aschenbecher konnten geborgen werden. Das gelegentlich Geschirr von Bord gefallen ist oder geworfen wurde, dürfte klar sein, aber ein Geheimnis wird bleiben, weshalb sich dort so viel Geschirr auf engstem Raum findet. Die Fundstücke werden jedenfalls im Sporttauchermuseum Wendenschloß sowie im Bahnmuseum ausgestellt werden.
Der Untergang der „Anna“
In Höhe des Ausflugslokals „Schmetterlingshorst“ unweit des Freibads Wendenschloß am von der Dahme durchflossenen Langen See ereignete sich vor über 100 Jahren eine die schwerste Schiffskatastrophen Berlins. Am 23. Juli 1916 gegen 15.30 Uhr kollidierte der mit 260 Personen besetzte Ausflugsdampfer „Hindenburg“ mit der Motorfähre „Anna“. Der Dampfer rammte die Fähre mit dem hinteren Teil und brachte sie zum Sinken. Rund 50 Passagiere der Fähre stürzten ins Wasser. Das Unglück kostete 22 Menschen das Leben. Die geborgenen Leichen wurden damals zunächst in der Kegelbahn von „Schmetterlingshorst“ aufgereiht, bis sie weiter überführt wurden. Heute erinnert hier eine Gedenktafel an das Schiffsunglück. Im Zuge der Aufarbeitung des Unglücks wollen Taucher die Untergangsstelle lokalisieren und auf dem Seegrund verbliebene Zeugnisse des Untergangs dokumentieren.
Blick auf die Untergangsstelle und Gedenktafel
Das Sporttaucher-Museum Wendenschloß
Die Vereinsräume des Tauchsportklubs Adlershof im Pro Sport 24 e.V. beherbergen eine umfangreiche Sammlung von Exponaten aus 70 Jahren Tauchgeschichte. Ausgestellt sind neben Fundstücken aus heimischen Seen und Flüssen insbesondere historische Tauchtechnik aus den Anfängen des Sporttauchens, z.B. ein selbstgebauter Kompressor, der aus dem Motor eines Schwalbe-Mopeds und Teilen eines russischen Panzers entstand, selbstgebaute Atemregler, Unterwasserkameras und Tauchanzüge sowie Fotos aus mehreren Jahrzehnten Tauchgeschichte. Die Ausstellungsstücke zeigen, wie sich die Tauchtechnik im Laufe der Jahrzehnte verändert hat.
Die Idee für ein Sporttauchermuseum entstand bei einem Treffen der „Alten Karpfen“, einer jährlichen Zusammenkunft von ehemaligen Tauchkameraden des Vereins. Die Wurzeln der Adlershofer Taucher liegen in der Sektion Tauchsport des Deutschen Fernsehfunks der DDR. Hauptbeschäftigungsgebiete waren die Unterwasserfotografie und Unterwasserfilm mit Eigenbau-Kameragehäusen sowie die Ausbildung von Sporttauchern. Nach Wende gründeten sie den Tauchsportklub Adlershof e.V. Einige Mitglieder tauchten schon seit Anfang der 1950iger Jahre. Getaucht wurde mit Geräten der Marke Eigenbau. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder alte Erinnerungsstücke, von der selbstgebauten Maske, alten Tauchanzügen bis zum selbstentwickelten Atemregler mitgebracht und so entstand im Laufe der Zeit eine beachtliche Sammlung. In mühevoller Kleinarbeit wurden die alten Tauchgeräte von Otmar Richter und weiteren Mitgliedern zusammengetragen und restauriert. Die Fundstücke wurden technisch wieder zum Leben erweckt und optisch wieder in den Originalzustand versetzt.
Das Sporttaucher-Museum befindet sich in einem villenartigen Gebäude mit Bootshaus in der Wendenschloßstraße 420 in Berlin-Köpenick. Der Name der Straße bezieht sich auf die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Villenkolonie Wendenschloß. Aufgrund der idealen Bedingungen für den Wassersport siedelten sich hier viele Sportvereine an. Der heutige Pro Sport 24 e.V. – im September 1924 als erster Postverein Deutschlands unter dem Namen Post SV Berlin gegründet – errichtete ab 1928 Bootshäuser in Grünau für die Kanuten und in Wendenschloß für die Ruderer und Segler. Damals hieß die Anschrift noch Rückertstraße 8. Die Einbeziehung der Rückertstraße in die Wendenschloßstraße erfolgte erst im Jahre 1939.
Das Sporttaucher-Museum Wendenschloß
Die Grundsteinlegung zum Gebäude des heutigen Sporttauchermuseums erfolgte im Jahre 1933 als Bootshaus. Es wurde im Jahre 1934 eröffnet. In der Nähe befand sich die Regattastrecke der Olympischen Spiele 1936. Während der Olympischen Spiele soll in dem Haus die Kanadische Nationalmannschaft einquartiert gewesen sein. Diese Olympiade war auch für den Post SV Berlin erfolgreich. Die Vereinskameraden Willi Horn und Erich Hanisch errangen im Zweierkanu über 10.000 m eine Silbermedaille.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen durch die Teilung Berlins fast alle Grundstücke des Vereins im Osten verloren. Der 1952 wiedererstandene Post SV musste sich grundsätzlich auf Westberlin beschränken. Zwischen 1955 und 1975 entstanden jedoch wieder neue Bootshäuser für die Kanuten in Tiefwerder, die Segler in Gatow und in Siemenswerder. Die Ruderer erhielten ein neues Bootshaus in Wannsee. Nach der Wende erhielt der Verein seine Grundstücke in Grünau, Wendenschloß und Dolgenbrodt zurückübereignet. Heute befinden sich auf dem Grundstück Wendenschloßstraße 420 die Vereinsräume, Bootshallen und Liegeplätze der Sportgruppe Wendenschloß, bestehend aus Ruderern, Seglern und Tauchern.
Die Taucher zogen nach der Fusion des Tauchsportklubs Adlershof e.V. mit dem Pro Sport 24 e.V. im Jahre 2009 in die Vereinsräumlichkeiten in der Wendenschloßstraße 420 ein. Es erfolgten umfangreiche Instandsetzungs- und Umbaumaßnahmen. Während der alljährlich stattfindenden Veranstaltung der „Alten Karpfen“ brachten immer mehr aktive und ehemalige Mitglieder historische, meist im Eigenbau entwickelte Tauchgeräte in die Vereinsräumlichkeiten. So entstand eine interessante Sammlung einzigartiger Zeugnisse der Tauchgeschichte. Otmar Richter, Taucher seit Mitte der 1950iger Jahre, der selbst viele Kameragehäuse selbst entworfen und gebaut hat, hatte die Idee, die Exponate in einem kleinen Museum zu präsentieren. Hierfür waren wieder erhebliche Umbaumaßnahmen und Absprachen mit den Ruderern und Seglern nötig. Das Sporttauchermuseum wurde am Internationalen Museumstag 2014 feierlich eröffnet.
Etwa 150 Gäste und Besucher fanden sich am 18. Mai 2014 im Vereinshaus in der Wendenschlossstraße 420 ein. Pünktlich um 11.00 Uhr durchschnitten Jan Steppe, Vorsitzender der Sportgruppe Wendenschloß, und Otmar Richter, Leiter des Museums, das Eröffnungsband. Unter den Gästen befanden sich auch der Präsident des Verbandes Europäischer Sporttaucher, Rolf Sandkuhl, sowie viele ehemalige und aktive Sporttaucher. Sie bestaunten hunderte Exponate von den Anfängen des Sporttauchens bis zur Gegenwart. Während der Eröffnungsveranstaltung wurde im Großen Saal längst verschollen geglaubtes Filmmaterial gezeigt. Viele schöne Anekdoten wurden wieder zurück in die Gegenwart geholt. Einige Besucher hatten zur Eröffnungsveranstaltung bereits neue Exponate mitgebracht und dem Sporttauchermuseum zur Verfügung gestellt.
Die Sammlung wuchs weiter und wurde auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Bereits ein Jahr später konnte das Museum eine Vielzahl neuer Exponate präsentieren, u.a. einen 1,30 m langen Unterwasser-Scooter aus dem Jahre 1961, eine Unterwasserkamera „Rolleimarin IV“ der Fa. Franke & Heidecke aus dem Jahre 1954 sowie mehrere Tauchutensilien aus dem Nachlass von Franz Cech aus Wien. Dieser hatte in den Jahren 1945 bis 1952 eine Vielzahl von Gegenständen für die Expeditionen des österreichischen Meeresforschers Prof. Dr. Rupert Riedl entworfen und hergestellt. Riedl war Leiter der ersten österreichischen Nachkriegsexpedition „Unterwasser-Expedition Austria“. Bekannt sind seine Unterwasserfilme „Das Leben im Riff“ (1951) und „Lichter unter Wasser“ (1952).
Und die Sammlung wächst stetig weiter, so dass eine Erweiterung des Museums unausweichlich wird. Lernen Sie die Ausstellung selbst kennen und unternehmen Sie eine kleine Zeitreise durch die Welt des Tauchens. Wer das Museum kennenlernen möchte, ist zu einem Besuch herzlich eingeladen. Da das Museum ehrenamtlich betrieben wird, wird aber um vorherige Anmeldung gebeten.
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