Nachruf Bernard Delemotte
- Roger Blum
- 15. Jan. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Juli
Am 14. Januar 2023 verstarb der französische Taucher und Kameramann Bernard Delemotte bei einem Tauchunfall. Im Alter von 83 Jahren begab er sich gemeinsam mit Freunden zu einem Tauchgang vor den Frioul-Inseln bei Marseille – von diesem Ausflug kehrte er nicht mehr zurück.
Bernard Delemotte war ein langjähriger Weggefährte und enger Mitarbeiter von Jacques-Yves Cousteau. Viele der legendären Expeditionen mit der Calypso sind untrennbar mit seinem Namen verbunden. 1963 stieß er zum Team Cousteaus und begleitete den Kommandanten über mehrere Jahrzehnte hinweg auf zahlreichen Forschungsreisen rund um den Globus.
Er war an zentralen Projekten wie dem Unterwasserhaus „Précontinent III“ beteiligt und durchquerte an Bord der Calypso die Weltmeere. 1967 führte ihn eine Expedition ins Rote Meer, 1968 in die Karibik. Schon bald gehörte Delemotte zur festen Besatzung des Schiffes und übernahm schließlich die Rolle des Cheftauchers. In vielen von Cousteau konzipierten Dokumentarfilmen übernahm er tragende Aufgaben – vor und hinter der Kamera.
1975 begleitete er Philippe Cousteau, den Sohn des Kommandanten, auf Expeditionen nach Kanada und Afrika. Unvergessen bleiben die spektakulären Unterwasseraufnahmen, etwa die Tauchgänge mit Flusspferden. Auch an wissenschaftlichen Missionen war Delemotte maßgeblich beteiligt, so etwa an einer ozeanografischen Bathymetrie-Expedition vor den Bahamas, die in Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA durchgeführt wurde.
Im Oktober 2022 hatte ich die Gelegenheit, Bernard Delemotte in Marseille persönlich kennenzulernen. Unser Treffen fand in einer Werfthalle des Vereins Les Compagnons du SAGA statt, dem er seit vielen Jahren angehörte. Der Verein widmet sich mit großer Hingabe der Restaurierung der SAGA – einer einzigartigen Kombination aus U-Boot und Unterwasserstation. Ursprünglich wurde das Projekt 1966 von Jacques-Yves Cousteau unter dem Namen ARGYRONETE (deutsch: „Wasserspinne“) initiiert. In den 1980er Jahren übernahm schließlich das Tieftauchunternehmen COMEX das Vorhaben und führte es zu Ende.

Während mein Bruder Steven sich von Gérard Trento, einem erfahrenen Ingenieur, sowie Michel Bourhis, dem Präsidenten des Vereins Les Compagnons du SAGA, den technischen Aufbau des U-Boots erklären ließ, hatte ich Gelegenheit zu einem ausführlichen Gespräch mit Bernard Delemotte. Schnell fanden wir über unsere gemeinsame Leidenschaft zur Unterwasserarchäologie zueinander. Besonders fesselnd waren seine Erzählungen über die Schatzsuche an der Silberbank – ein Thema, das mich seit meiner Kindheit begleitete. Schon früh hatte ich Cousteaus Buch Silberschiffe verschlungen.

Delemotte berichtete von der Expedition im Jahr 1968, bei der sie nach dem Wrack der spanischen Galeone Nuestra Señora de la Concepción suchten. Er erinnerte sich gut daran, dass Cousteau selbst der Idee einer Schatzsuche wenig abgewinnen konnte – doch die Crew war vom Schatzfieber gepackt. Widerstrebend räumte Cousteau ihnen einen Monat Zeit für die Suche ein. Als Delemotte schließlich eine alte Kanone entdeckte, war die Begeisterung an Bord grenzenlos. Man glaubte, das Wrack gefunden zu haben.
Am Abend ließ Cousteau abstimmen: Sollte tatsächlich ein Schatz gehoben werden, so solle er gerecht unter allen Beteiligten aufgeteilt werden. Delemotte erinnerte sich, dass Cousteau selbst nicht an der Abstimmung teilnahm. Insgeheim, so vermutete er, habe Cousteau gehofft, dass kein Schatz gefunden werde – aus Sorge, die Crew könne sich sonst im Streit zerreiben. Die Euphorie wich bald der Ernüchterung: Das erste geborgene Goldstück – ein Medaillon mit der Jahreszahl 1756 – entpuppte sich als enttäuschender Fund. Es stammte aus dem falschen Jahrhundert. Das Wrack war nicht das gesuchte Silberschiff. Doch Jahre später, so erzählte Delemotte mit einem Schmunzeln, kehrte er erneut zur Schatzsuche an die Silberbank zurück.
Die Stunden in Marseille vergingen wie im Flug. Ich hörte viele Erinnerungen an die Zeit mit Calypso. Auch Marius Orsi, ein weiterer ehemaliger Gefährte Cousteaus, stieß zu unserer Runde. Er war 1968 als Techniker an Bord. Die Begeisterung für die Meeresforschung war bei allen deutlich spürbar – ebenso wie die Wärme und Ungezwungenheit des Treffens.
Zum Mittagessen wurden Klapptische und -stühle unter dem Rumpf des U-Boots zusammengeschoben. Es gab gegrilltes Fleisch, Käse, dazu Rotwein und ein Gläschen Pastis. Die Verabschiedung war herzlich – und wir waren uns einig: Der Kontakt soll nicht abbrechen.

Der Tod von Bernard Delemotte kam plötzlich und unerwartet. Mit ihm hat die Tauchergemeinschaft einen großen Wegbereiter verloren. Das Meer, dass er so sehr liebte, hat ihn am 14. Januar 2023 bei seinem letzten Tauchgang zu sich geholt.
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