Im Nordosten Brandenburgs bei Prenzlau liegt der Unteruckersee. Mit einer Länge von 7,6 km und einer Breite von 2,4 km ist der Unteruckersee der größte See der Uckermark. Die maximale Tiefe beträgt 19,60 m. Am Westufer des Sees befindet sich der kleine Ort Röpersdorf. Hier liegen die Überreste eines sowjetischen Jagdflugzeugs vom Typ Jak 9.
Vor ein paar Jahren hörte ich abends am Biertisch in Zollchow von einem Dorfbewohner das erste Mal die Geschichte über den Abschuss eines Flugzeugs über dem Unteruckersee. Im April 1945 soll ein Junge der Hitlerjugend mit einer Panzerfaust die Maschine abgeschossen haben.
Der Unteruckersee bei Prenzlau und die Einstiegstelle in Röpersdorf
Bei meinen Recherchen fand ich allerdings eine andere Geschichte. In den Mitteilungen des Uckermärkischen Geschichtsvereins Prenzlau ist ein Augenzeugenbericht über eine Notwasserung eines sowjetischen Flugzeugs im April 1946, also aus der Zeit nach Kriegsende, veröffentlicht. Dem Bericht zufolge kletterten zwei Personen aus der Kanzel, stellten sich auf die Tragflächen und riefen am Ufer spielende Kinder um Hilfe. Diese retteten die Besatzung bevor die Maschine im See versank. Dem Augenzeugenbericht war eine Bescheinigung beigefügt, in dem die Rettung des sowjetischen Fliegeroffiziers Major Lytschkin am 15. April 1946 aus dem Unteruckersee bestätigt wird (siehe auch Rätselhaftes Flugzeugwrack im Unteruckersee). Wir wollten nun der Frage nachgehen, ob es zwei Flugzeugabstürze gab oder die Geschichte vom Jungen mit der Panzerfaust ins Reich der Legenden verbannt werden kann.
Zusatztank einer Me-110 und Querruder der sowjetischen Jak am Strand
Wir tauchten an der Röpersdorfer Absturzstelle in 12 Meter die Tiefe über eine monotone Schlammschicht. Die Wrackteile liegen tief im Schlamm verborgen. Früher ragten noch mehrere große Trümmerteile aus dem Schlamm. Seitdem ich das Wrack das erste Mal betaucht habe, hat sich viel verändert. Mittlerweile wurden die meisten Trümmerteile geborgen. Der Motor wurde bereits vor Jahren von einheimischen Tauchern von der Absturzstelle Richtung Ufer auf eine Plattform gezogen, damit er nicht im Schlick versinkt. Er liegt heute auf 8 Meter Tiefe.
Motorteile der sowjetischen Jak auf dem Grund des Unteruckersees
Da es sich um ein Trümmerfeld handelt, erscheint es zweifelhaft, dass es sich um das am 15. April 1946 notgewasserte Flugzeug handeln könnte. Denn dieses war noch so intakt, dass es nicht sofort sank und die Besatzung auf den Tragflächen auf Rettung warten konnte. Das vor Röpersdorf gefundene Wrack ist dagegen vollständig zerstört. Die Tragschraube war zerbrochen, was auf einen Aufprall mit hoher Geschwindigkeit hindeutet. Ein Wrackteil wies auch Einschuss- bzw. durch herumfliegende Metallteile verursachte Löcher auf. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Jak-9 vor Röpersdorf tatsächlich abgeschossen wurde.
Als sicher dürfte gelten, dass es sich nicht um Wrackteile der am 15. April 1946 notgewasserten Maschine von Major Lytschkin handelt, zumal die Notwasserung in der Nähe des Bahndamms im südöstlichen Teil des Unteruckersees erfolgt sein soll. Das von uns betauchte Trümmerfeld befindet sich dagegen im nördlichen Teil des Sees.
Es wurden bereits Typenschilder gefunden, doch eine zweifelsfreie Identifizierung ist bisher nicht erfolgt. Ein in Prenzlau inhaftierter belgischer Kriegsgefangener soll berichtet haben, dass der russische Pilot am 25. April 1945 ins Gefangenenlager gebracht wurde. Der Pilot soll den Rang eines Hauptmanns gehabt haben. Sein Name ist leider nicht bekannt, so dass zu seinem weiteren Schicksal nichts berichtet werden kann.
Flugzeugteil mit Zahl 5434 im Heimatmuseum und Flugzeugteile auf dem Seegrund
Hast Du weitere Informationen zu dem Wrack oder vielleicht historische Unterlagen oder Fotos? Wir freuen uns über jeden Hinweis.
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