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Die Remusinsel im Rheinsberger See

Brandenburgs Gewässer sind ideal zum Tauchen und Schnorcheln. Mit mehr als 3000 Seen ist Brandenburg das gewässerreichste Bundesland. Es ist spannend die heimischen Gewässer zu erkunden, denn jeder See erzählt seine eigene Geschichte. Kennt ihr die Geschichte von der Remusinsel im Rheinsberger See?


Der Rheinsberger See liegt im Landkreis Ostprignitz-Ruppin im Norden Brandenburgs. Er ist Bestandteil des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land. Seine Maximaltiefe wird mit 29 Meter angegeben. Fast zentral im See liegt die Remusinsel. Die sichelförmige Insel ist etwa 400 m lang und maximal 70 m breit.


Blick auf die Südostspitze Remusinsel im Rheinsberger See


Um die Insel ranken sich Sagen und Legenden. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts vermutete man hier das Grab des sagenhaften Rom-Gründers Remus. Remus soll zwar von seinem Bruder Romulus erschlagen worden sein, aber eine andere Variante spricht von der geglückten Flucht ins nordöstliche Germanien. Die Insel galt seit jeher als Zufluchtsort für die Bevölkerung von Rheinsberg und Umgebung. Auch im Dreißigjährigen Krieg und beim Einfall der Schweden 1675 war die Insel als „Remus-Burgwall“ bekannt. Hierher flüchtete die einheimische Bevölkerung, um sich vor brandschatzenden Söldnern zu verbergen. Angeblich soll man auf der Insel rätselhafte Steine mit lateinischen Inschriften entdeckt haben. Und als bei Bauarbeiten im Schlosspark ein Gefäß mit alten römischen Münzen gefunden wurde, ließ Kronprinz Friedrich auf der Remus-Insel graben. Allerdings kam nichts zu Tage, was die Legende hätte untermauern können. Allerdings fanden sich auf der Remusinsel mittel- und spätslawische Scherben, so dass hier sogar Rethra, die sagenhafte Tempelburg der Slawen, vermutet wurde. Seit über einhundert Jahren suchen Archäologen, Heimatforscher und Hobbyschatzjäger Rethra. In dem zentralen Heiligtum der Elb- und Ostseeslawen wurde der große Slawenaufstand 983 n. Chr. geplant und koordiniert. An mehr als 30 Orten wurde Rethra bisher vermutet. Doch sicher lokalisiert wurde das Slawenheiligtum bisher nicht.


Im Jahre 1956 fand an der Remusinsel die erste unterwasserarchäologische Exkursion des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin mit einer Tauchergruppe der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) statt. Unter Leitung des bekannten Archäologen Dr. Joachim Herrmann unternahmen die Taucher eine Exkursion zur Remusinsel. Herrmann wollte die Frage klären, ob die Remusinsel in slawischer Zeit durch eine Brücke mit dem Land verbunden war. Altnachrichten aus dem 18. Jh. berichteten von einer Brücke vom „Remus-Borchwall“ zur benachbarten Buberow-Halbinsel. Das ist die kürzeste Verbindung zwischen Remusinsel und Festland. In der Slawenzeit soll sich dort, wo die Nordspitze des Boberow-Waldgebietes in den Rheinsberger See hinein ragt, eine Siedlung befunden haben. Hier wurden ebenfalls slawische Scherben gefunden. Die slawische Bezeichnung „Boberow“ weist auf einen Ort hin, wo der Biber wohnt. Die Siedlung soll zum Ausgang des Mittelalters aus noch unbekannten Gründen wüst gefallen sein. Noch beim Bau einer Parkanlage und einem chinesischen Pavillon im Jahre 1771 sollen Reste der Brücke von der Spitze der Buberow-Halbinsel bis zur Remusinsel am Grund des Sees zu sehen gewesen sein. Bei den Tauchgängen im Jahre 1956 konnten letztlich keine Brückenreste nachgewiesen werden. Jedoch wurde ein Damm festgestellt. Dass die Exkursion wenig erfolgreich verlief, wurde zum einen auf ungünstige Wetter- und Sichtverhältnisse und zum anderen auf die damals noch recht unzureichende Tauchausrüstung zurückgeführt (vgl. „Schätze und Scherben – Hinab in die Vergangenheit“ in Roger Blum/Steven Blum: „Schwerelose Zeiten – Tauchererinnerungen“, S. 162 f.).


Eine Nachforschung erfolgte dann im Sommer 2003 durch den Verein für Unterwasserarchäologie Berlin-Brandenburg e.V. (VfUBB). Im Flachwasserbereich bis etwa 2,5 m findet sich eine Häufung von Felssteinen. Dazwischen, vor allem im Bereich zwischen 2 bis 4 m Wassertiefe lassen sich lose im Grund liegende Holzteile feststellen. Auch Balken und Bohlen liegen auf dem Grund, selbst Reste von Ösenbalken lassen sich nachweisen. Eine direkte Verbindung zur Buberow-Halbinsel lässt sich jedoch nicht erkennen. Möglicherweise kann der Fundort als Anlege- und Arbeitsplatz gedeutet werden. Die dendrochronologische Untersuchung eines Pfahls mit Waldkante ergab 980 n. Chr. und ein Ösenbalken 1011 n. Chr. +/- 10 Jahre.


Pfahlrest an der Remusinsel


Neben den bearbeiteten Hölzern finden sich Scherben und größere Gefäßteile aus spätslawischer Zeit (Menkendorf, Bobzin), Tierknochen sowie Netzsenker aus Ton.


Fragment eines Netzsenkers


Interessant sind auch die Überreste der Fridrizianischen Gondeltrasse auf der Remusinsel, die im Zusammenhang mit dem Schloss Rheinsberg zu sehen sind. Dieses liegt kurioserweise nicht am Rheinsberger See, sondern ein Stück südlich am Grienericksee, mit dem der Rheinsberger See durch den Rhin verbunden ist. Wo sich heute das Schloss Rheinsberg befindet, stand im Mittelalter eine Wasserburg. 1566 ließ die Familie von Bredow ein Wasserschloss in Renaissanceformen an der Stelle des Wasserschlosses erbauen, das im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt wurde. 1734 erhielt König Friedrich Wilhelm I. das Schloss, der es wiederum seinem Sohn Kronprinz Friedrich, dem späteren König Friedrich II., schenke. 1736 zog dieser in den südlichen Flügel des Schlosses. In den Jahren bis 1740 ließ Friedrich das Schloss ausbauen und erweitern. Es bildete das erste Bauwerk des Friderizianischen Rokoko. In dieser Zeit erlebte auch die Remusinsel einen erheblichen Aufschwung. Die Hänge der etwa 20 m hohen Inselkuppe, auf der ein Chinesisches Haus ruhte, wurden im Stile eines englischen Gartens angelegt. Es entstand eine Stufenallee zur Anhöhe sowie drei Anlegestellen für die Boote des Prinzen und seiner Hofgesellschaft. Bei Dunkelheit erhellten hohe chinesische Leuchtsäulen die Allee. An einer andren Stelle der Insel wurden ein chinesischer Tempel und ein Backofen angelegt. Auf zeitgenössischen Stichen von 1795 werden ein doppelstöckiges Haus und Bänke auf der Insel sowie zwei Bootsstege auf der Buberower Seite und ein Bootssteg an der Südspitze sowie eine Anlegestelle im nordwestlichen Bereich der Insel dargestellt. Friedrich selbst bezeichnete seine Jahre auf Schloss Rheinsberg immer als die „glücklichsten seines Lebens“.


Hölzerne Überreste der Fridrizianischen Gondelanlegestelle


Alle diese fridrizianischen Bauten sind heute verschwunden und die Natur hat wieder die Insel in Besitz genommen. Die dicht bewaldete Insel ist heute ein beliebtes Ausflugsziel für Wasserwanderer und Badegäste. Am Ufer im südöstlichen Bereich der Insel sind noch einige Pfostenreste der Gondelanlegestelle zu erkennen sowie eine Vielzahl an Steinen und Scherben.


Scherbenreste am Ufer der Remusinsel

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