Diesmal tauchten wir vor historischer Kulisse - an der Glienicker Brücke. Sie verbindet über die Havel Berlin und Potsdam. Während der Teilung Deutschlands verlief auf der Brückenmitte eine Linie. Sie markierte die innerdeutsche Grenze und trennte die beiden Machtblöcke Ost und West voneinander. Aufgrund ihrer Abgeschiedenheit kam es hier im Kalten Krieg zu mehreren spektakulären Agentenaustauschaktionen zwischen Ost und West. Die Brücke erhielt daher auch den Beinamen „Bridge of Spies“ – die Agentenbrücke.
Seit 1961 durfte die Brücke nur noch von alliierten Militärangehörigen und Diplomaten passiert werden. Der erste Agentenaustausch fand am 1. Februar 1962 statt. Es wurde der sowjetische KGB-Spion Rudolf Abel gegen den amerikanischen Piloten Francis Gary Powers ausgetauscht, der zwei Jahre zuvor bei einem Spionageflug mit einer U-2 über der Sowjetunion abgeschossen wurde. Abel hatte seit 1950 im Auftrag des KGB die Kernwaffenprojekte der USA ausgekundschaftet. Die Geschichte wurde von Steven Spielberg im Film „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle verarbeitet. Gedreht wurde unter anderem am Originalschauplatz an der Glienicker Brücke. Der letzte Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke fand am 11. Februar 1986 statt.
Glienicker Brücke - die Agentenbrücke
Ich näherte mich der 148 m langen Stahlkonstruktion, die auf dicken Betonpfeilern über die Havel führt. Eine Metallmarkierung auf dem Boden und unterschiedliche Farbtöne des graugrünen Anstrichs der Brückenhälften lassen den einstigen Grenzverlauf erkennen. Heute verläuft an dieser Stelle die Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg. Hier spürt man buchstäblich den Eishauch der Geschichte. Ich stellte mir vor, wie im Februar 1986 der sowjetische Dissident und Regimekritiker Anatoli Schtscharanski am Tag seines Austauschs gedemütigt wurde, indem er mit zu weiten Hosen und ohne Gürtel zur Grenzlinie geschickt wurde und vor laufenden Kameras ständig seine Hosen festhalten musste, damit diese nicht rutscht.
An der Gliencker Brücke mit Markierungslinie
Ich schaute hinunter ins Wasser und konnte bis auf den Grund der Havel sehen. Wir tauchen jedoch nicht direkt unter der Brücke, da hier stets mit dichtem Schiffsverkehr zu rechnen ist. Vielmehr gingen wir etwas nördlich ins Wasser. Hier verbreitert sich die Havel zum Jungfernsee. Der Grund ist meist mit Schlammablagerungen und einigen Muschelfeldern bedeckt. Die Sichtweite betrug 3 – 4 Meter. Dann plötzlich zeichneten sich die Umrisse eines kleinen Wracks ab. Wir umrunden das völlig von Muscheln überzogene Wrack. Es hatte ursprünglich einen grünen Anstrich.
Wrack auf dem Grund des Havel und Brikett der Marke „Troll“
Auf dem Grund der Havel liegen eine ganze Reihe von alten Kähnen. Viele wurden zu DDR-Zeiten als künstliche Barriere auf Grund gesetzt. Die Wracks sollten als Schiffssperre dienen, denn in der Mitte der Havel verlief die innerdeutsche Grenze. Vielleicht handelt es sich auch um die Überreste eines Transportkahns. Auf dem Grund der Havel sollen noch mehrere Holzschuten aus der Zeit vor 1945 liegen (sog. „Göring-Kähne“), die zum Transport von Stahl und in der Nachkriegszeit zur Enttrümmerung von Berlin eingesetzt wurden. In der Umgebung des Wracks fanden wir Schienenteile und Braunkohlebriketts der Marke „Troll“. Diese Brikettmarke wurde seit den 1930er Jahren bis in die unmittelbare Nachkriegszeit verwendet.
Die Havel birgt sicherlich noch viele interessante Tauchplätze. Der Fluss kennt viele Geschichten.
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