Unterwasserforschung zum Korrosionsschutz (1963-1965)
Anfang der 1960er Jahre wurden die Taucher der Arbeitsgemeinschaft für Unterwasserforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW) gebeten, ein Forschungsprojekt des VEB Baugrund Berlin zur Untersuchung von Korrosion von Baustahl unter Wasser zu unterstützen. Ziel war die Erarbeitung geeigneter Untersuchungsverfahren zur quantitativen Vorausbestimmung der Korrosivität, um den Korrosionsschutz systematischer und besser zu organisieren.
Taucheinsatz an der Mühlendammbrücke
Die Taucheinsätze fanden zwischen 1963 und 1965 statt. Bei den Arbeiten im ersten Jahr ging es um die Beurteilung des Zustandes von unterschiedlichen Stahlbauwerken unter Wasser. Hauptaufgabe war die Beobachtung und Dokumentation des Korrosionsbildes einzelner Spundbohlen. Dazu wurden Anlagen an der Ostseeküste zwischen Wismar und Anklam sowie im Süßwasserbereich untersucht. Nach Abschluss der Reihenaufnahmen wurden in verschiedenen Tiefen Proben vom biologischen Bewuchs, von Korrosionsnestern und Korrosionsknollen entnommen. Die fotografischen und biologischen Untersuchungen übernahm die Arbeitsgemeinschaft für Unterwasserforschung der DAW.
Eine besondere Herausforderung bestand darin, dass sich die Untersuchungsbereiche meist in trüben Hafenbecken befanden. Die Sichtverhältnisse betrugen in der Regel nur wenige Zentimeter. Eine Fotodokumentation war mit herkömmlichen Unterwasserkameras unmöglich.
Das Problem wurde durch den Bau einer Klarsichtküvette gelöst. Es handelt sich dabei um ein Spezialgerät, mit dessen Hilfe der Weg zum Objektiv bis zum Objekt durch ein klares, durchsichtiges Medium (Wasser, organisches Glas oder Luft) verkürzt wird. So konnte eine gute Sichtstrecke bis zum Fotoobjekt für die Kamera geschaffen werden. Das Aufnahmeobjekt wurde schräg von hinten durch die Frontscheibe angestrahlt.
Taucher mit Klarsichtküvette
1965 erprobte man ein zerstörungsfreies Verfahren auf Ultraschallbasis. Mit einem Ultraschallmesskopf sollte die effektiv noch vorhandene Wandstärke der Spundbohlen ausgemessen werden. Im Rahmen des Experiments sollten an ausgewählten Stellen im Hafenbecken in größeren Zeitabständen immer wieder dieselben Punkte untersucht werden.
Die Taucher mussten an der Bohle in regelmäßigen Abständen Messstellen in etwa A4-Größe putzen. Mit Hammer und Drahtbürste wurde der zum Teil sehr feste Bewuchs und der Rost bis auf das blanke Eisen entfernt. Danach wurde ein magnetischer Messkopf platziert.
Spundwandmessung an der Volkswerft Stralsund
Insgesamt sind in der Zeit von 1963 bis 1965 mehr als 30 Bauwerke untersucht worden. Für die angewandte Wissenschaft sind dabei umfangreiche und wertvolle Erfahrungen gesammelt worden und es konnte der ökonomische Nutzen derartiger Untersuchungen nachgewiesen worden.
Text: Roger Blum
Fotos: Klaus Hamann
Weitere Informationen unter:
Roger Blum: Kampf dem Eisenfresser – UW-Forschung zum Korrosionsschutz im Bauwesen, in: Norbert Gierschner (Hrsg.), Tauchgeschichte Spezial, Band 24/2023, S. 57-61.
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