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AutorenbildRoger Blum

Wo die Nordsee die Ostsee küsst

Aktualisiert: 13. Jan.

Gemeinsam mit Detlef, Jürgen und Ingo hatte ich im April ein Tauchwochenende in Rerik-Meschendorf geplant. Als Freunde von gewässertem Altmetall wollten wir in der Wismarbucht auf Wrackerkundungstour gehen. Doch das launische Wetter schien unserem Vorhaben zunächst einen Strich durch die Rechnung zu machen. Weiße Schaumkronen auf den Wellen verrieten, dass eine Ausfahrt unmöglich war. Tauchgänge von Land aus konnten uns nicht in die Anzüge locken, da die lohnenswerten Ziele mehrere Seemeilen weiter draußen liegen. Dort befinden sich neben dem Trümmerfeld eines U-Bootes mehrere historische Wracks.


Nach einem lustigen Abend am Grill bei Bier und Rum hieß es am nächsten Morgen sehr früh aufstehen. Die See hatte sich etwas beruhigt, doch es war nicht sicher, ob das Wetter halten würde. Nach einem kurzen Frühstück ging es zur Tauchbasis. Noch schnell eine Tasse Kaffee und der Tag konnte kommen.



Erstes Ziel war das Wrack der „Sturmvogel“. Das Schiff sank 2006 während der Überführung von Rerik nach Kühlungsborn und liegt in nur 8 m Tiefe auf dem sandigen Grund der Ostsee. Motorblock, Getreibe und Schraube sowie Kleinteile wie Heißlüfter, Musikendstufe und einer Toilettenschüssel mit Spülung sind auf einer Fläche von 20 x 100 m verstreut.



Zweites Ziel war der „Ewer von Wismar“, ein ca. 180 Jahre alter Lastensegler, der etwa 8,5 Seemeilen vor der Küste gesunken ist. Die Bezeichnung „Ewer“ stammt vermutlich vom holländischen Wort „envarer“ (= Einfahrer), was auf eine ursprüngliche Ein-Mann-Besatzung hindeutet.


Während der Fahrt zur Untergangsstelle beobachtete ich die Schaumkronen auf den Wellenspitzen. Unser Schlauchboot hüpfte von einem Wellenberg zum nächsten und salzige Gischt spritze uns ins Gesicht. Als die Küstenlinie langsam am Horizont verschwand, kreuzte ein Schiff der Küstenwache unseren Kurs. Nach etwa 45 min Fahrt erreichten wir den Tauchplatz. Die Ostsee beglückte uns hier mit einer Sichtweite von knapp 8 bis 10 m. Nicht so angenehm war die Wassertemperatur von unter 4° C am Grund. Der „Ewer von Wismar“ liegt in 21 m Tiefe. Durch den geringen Sauerstoffgehalt in dieser Tiefe blieb das Wrack gut erhalten. Auch die Ladung - die aus Lehmziegeln bestand – ist noch gut zu erkennen. Nur die beiden Masten haben sich teilweise im Schlamm vergraben.


Der Einfluss der Nordsee ist hier noch deutlich zu spüren. Der Eichenrumpf des 21 m langen, 6,5 m breiten und 4,1 m hohen Schiffes ist über und über mit Seesternen, Seenelken und Muscheln bedeckt. Die Seenelken sorgen mit ihrer Filtrierleistung rund um das Wrack für die gute Sicht.



Während der Salzgehalt des Oberflächenwassers in der Wismarer Bucht bei etwa 12 Promille liegt und Richtung Osten auf drei Promille abfällt, erhöht er sich hier in 20 m Tiefe auf ca. 25 Promille. Alles, was in der Nordsee herumschwimmt, kann sich auch mit diesen Verhältnissen noch gut anfreunden und so ist es kein Wunder, dass das der Ziegelewer mit seinen Bewohnern zu den beliebtesten Tauchzielen dieser Gegend zählt. Erkundet das Wrack im Übergangsbereich von Nord- zur Ostsee selbst und lasst Euch vom üppigen Bewuchs überraschen!


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