Moldawien - Was willst Du denn da? Das war einer der meisten Sätze, die ich hörte, wenn ich von meinen Reiseplänen in das kleine osteuropäische Land erzählte. Tatsächlich ist Moldawien eines der letzten Länder Europas, welches touristisch noch nahezu unbekannt ist. Bereits bei der Frage, wie die Hauptstadt heißt, zucken die meisten die Schultern. Aber gerade diese Unbekanntheit reizte mich und so packte ich meinen Rucksack für einen Ausflug in das kleine, zwischen Rumänien und der Ukraine gelegene Land. Die Hauptstadt heißt übrigens Chisinau (Kischinau) und genau dorthin ging mein nächster Flug. Chisinau ist nur zwei Flugstunden von Deutschland entfernt. Die Stadt verfügt über einen modernen Flughafen und für die Einreise genügt ein Reisepass.
Moldawien gehörte jahrhundertelang zum Osmanischen Reich, später dann als Gouvernement Bessarabien zum Russischen Kaiserreich. Es genoss als Strafversetzungslager am Rande es Russischen Reichs keinen guten Ruf. Auch der russische Nationaldichter Puschlin war von 1820 bis 1823 nach Chisinau verbannt worden. Im Zuge der Russischen Revolution im Jahre 1917 erklärte das Land seine Unabhängigkeit, schloss sich aber wenige Wochen später Rumänien an. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Moldawien von der Sowjetunion annektiert. Das Gebiet wurde zur Moldawischen Sowjetrepublik. Erst 1991 erklärte Moldawien seine Unabhängigkeit. Dies führte zum Unmut der russischen Bevölkerung im Ostteil des Landes und zu einem bewaffneten Konflikt. Seit dem Transnistrischen Krieg im Jahre 1992 ist das Land faktisch geteilt. Transnistrien, dessen Hauptstadt Tiraspol ist, wird allerdings international nicht als unabhängiger Staat anerkannt. Das Auswärtige Amt warnt vor Grenzübertritten in das Separatistengebiet. Von dem Konflikt bekam ich vor Ort nichts mit, nur das einige Autos transnistrische Kennzeichen aufwiesen.
Stadtbild von Chisinau
Mit dem Taxi fuhr ich ins Zentrum von Chisinau. Besonders überraschte mich das naturbezogene Stadtbild mit vielen Bäumen, großzügig angelegten Parkanlagen und kleinen Seen. Mein erster Ausflug führte mich in den Parcul Valea Trandafirilor, den Park der Rosen. Der 145 ha große Park liegt südöstlich im Bezirk Botanica. Das weitläufige, waldbestandene Gelände beherbergt drei Seen. Der nördlichste See befindet sich am Boulevard Decebal. Er bietet auch eine Badestelle mit Picknickmöglichkeiten.
See im Parcul Valea Trandafirilor
Die Seen im Parcul Valea Trandafirilor haben ausgeprägte Schilfzonen. Hier leben zahlreiche Vogel-, Insekten-, Reptil- und Amphibienarten. Ich beobachtete eine Zwergdommel (Ixobrychus minutus), die in der Schwimmpflanzenzone nach Nahrung suchte. „Im Freien“ sieht man den scheuen Reiher eher selten. Vielmehr hört man die Zwergdommel im Schilf als das man sie sieht. Im Schilf konnte ich auch Blesshühner und Teichhühner antreffen. Die Teichhühner mit ihrem markanten roten Stirnschild und Schnabel sind sehr vorsichtig und rennen bei Gefahr sofort in den schützenden Uferbewuchs.
Ich überraschte eine Östliche Smaragdeidechse beim Sonnenbad. Die große, schlank wirkende Eidechse mit spitzem Kopf und langen Schwanz hat eine grüne Grundfärbung. Es war eine männliche Smaragdeidechse, erkennbar am auffälligen „Paarungskleid“: Die grünblau bis kornblumenblaue Kinn-, Kehl- und Halsregion kam deutlich zur Geltung. Ich folgte der Eidechse durchs Gestrüpp und fand auch das zugehörige Weibchen.
Vom Parcul Valea Trandafirilor kann man zu Fuß ins Zentrum Chisinaus laufen. Ich schlenderte entlang der Hauptstraße Stefan cel Mare. Hier befindet sich ebenfalls eine schöne Parkanlage. Davor steht die Statue von Stefan dem Großen. Er wird in Moldawien als Staatsheld verehrt. Der moldawische Herrscher verteidigte im Mittelalter das Fürstentum Moldau lange Jahre gegen die Osmanen. Mit Hilfe des walachischen Woiwoden Vlad III Draculea – bekannt als Vorbild für den Roman „Dracula“ – bestieg Stefan der Große im Jahre 1457 den Thron des Fürstentums Moldau. Für seine Verdienste erhielt er auch Besitztümer in Transilvanien. Im Jahre 1503 schloss Stefan der Große mit dem osmanischen Sultan einen Vertrag, der Moldawiens Unabhängigkeit bewahrte.
Männchen und unausgefärbtes Weibchen des Kleinen Granatauges (Erythromma viridulum)
Entlang des Boulevard Stefan cel Mare befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten, z.B. der Triumphbogen und das Rathaus von Chisinau. Ich lief weiter zum Parcul Valea Morilor. Der Park befindet sich südwestlich des Zentrums in der Nähe des Diplomatenviertels. Er wurde im Jahre 1951 als naturnaher Landschaftspark und Erholungsoase eingeweiht. Der Parcul Valea Morilor bietet mit einer Fläche von 114 ha ebenfalls einen großen See. Der See ist Lebensraum für etwa 20 Fischarten und ein beliebtes Angelrevier der Einheimischen.
See im Parcul Valea Trandafirilor
Leider verbrachte ich nur zwei Tage in Chisinau. Ich wäre gern länger geblieben. Gern komme ich wieder und möchte dann auch die Gegenden außerhalb der Hauptstadt erkunden, insbesondere das Naturreservat Unterer Prut rund um den Beleu-See. Das Gebiet ist Rast-, Futter-, Brut und Überwinterungsplatz für fast 200 Vogelarten.
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