Rund 40 km südlich von Berlin liegt der Große Wünsdorfer See. Er befindet sich in Wünsdorf, einem Ortsteil von Zossen. Der max. 11 m tiefe See hat lediglich eine mittlere Tiefe von 6 m. Eine gute Einstiegstelle bietet die Liegewiese am Strandbad Zossen-Wünsdorf. Das Wasser ist meist allerdings so trübe, dass sich das Tauchen eigentlich nicht lohnt. Aufgrund der hohen Eutrophierung hatten die Behörden sogar ein Badeverbot erwogen.
Aufsehen erregte im Jahre 1997 die Bergung eines britischen Bombers vom Typ Avro 683 Lancaster MK III aus dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Bombertyp war der Standardbomber der Royal Air Force. Die im Wünsdorfer See abgestürzte Maschine war die Lancaster JA913 mit dem taktischen Kennzeichen DX-O. Sie gehörte zur 57. Staffel der Royal Air Force und war in East Kirkby, Lincolnshire (England), stationiert. Die Maschine startete am 3. September 1944 zu ihrem letzten Flug. Sie war Teil eines nach Berlin fliegenden Verbandes mit 316 Lancaster-Bombern in Begleitung von 4 Mosquito-Jagdflugzeugen. 22 Lancaster-Bomber kamen von dieser Mission nicht wieder zurück.
Zeitzeugen berichteten, das sie den britischen Bomberverband gegen Mitternacht des 3./4. September 1944 von Süden kommend Richtung Berlin fliegen sahen und der Verband von zwei deutschen Focke Wulff FW 190 - Nachtjägern attackiert wurde. Ein Bomber soll aus dem Verband ausgeschert und in einer brennenden Schleife über den Wünsdorfer See gekurvt und dann explodiert sein. Die Maschine versank im See. Es wird angenommen, dass Unteroffizier Fritz Brinkmann (9./JG 300) die Lancaster abgeschossen hat.
An Bord der Maschine befanden sich 7 Personen: Sergeant J.T. Carruthers (RAF), Flight Sergeant W.E. Grindley (RCAF), Sergeant H.I. Jones (RAF), Flight Sergeant David Livingstone (RAAF), Sergeant A. Moore (RAF), Sergeant H.M. Porteus (RCAF) und Sergeant A. Sutcliffe (RAF). Zwei tote Besatzungsmitglieder hat man am Morgen nach dem Absturz beim Strandbad gefunden. Zwei weitere Tote hat man nach dem Krieg noch angeschnallt in ihren Sitzen im Rumpf gefunden und geborgen. Ein überlebendes Besatzungsmitglied soll unmittelbar nach dem Absturz im Schilf erschossen worden sein. Das Schicksal der übrigen Besatzungsmitglieder ist ungeklärt. Sergeant Jones, Sergeant Porteus und Sergeant Sutcliffe sind auf dem Commonwealth Kriegsgräber-Friedhof in Berlin-Charlottenburg beigesetzt. Den übrigen Besatzungsmitgliedern wird am Runnymede Memorial gedacht.
Heute ist die aus dem Wünsdorfer See geborgene Tragfläche des Lancaster-Bombers im Deutsche Technikmuseum in Berlin ausgestellt.
Die rechte Tragfläche und das stark deformierte Rumpfteil des Lancaster-Bombers wurden 1995 in 5,5 m Wassertiefe gefunden und 1997 von Tauchern des Deutschen Unterwasser Clubs e.V. im Auftrag des Deutschen Technikmuseums geborgen. Mit Hebesäcken wurde die ca. 8 Tonnen schwere Tragfläche des englischen Bombers am 29. September 1997 an die Oberfläche gebracht und Richtung Badeanstalt Wünsdorf gezogen. Dort wurde sie mit einem Kran aus dem Wasser gehoben und auf einem Tieflader verbracht, der wegen der Überbreite von 5 Metern in Polizeibegleitung den Weg nach Berlin ins Technikmuseum antrat.
Ein am Hauptholm gefundenes Typenschild ermöglichte die Identifizierung der Maschine. Auch das eingefahrene Fahrwerksrad in der Tragfläche war noch gut erhalten. Bei der Bergung der Flugzeugreste fand man noch Teile einer ledernden Pilotenkappe, Schnallen von Haltegurten, Instrumenten- und Batterieteile, Sauerstoffflaschen sowie eine Signalpistole.
Quellen:
Rüdiger Snay, Archäologie und Unterwasserarbeit im DUC Berlin, in: Froschmann-Sonderausgabe zum 50-jährigen Bestehen des Deutschen Unterwasser Club Berlin e.V., S.43.
Axel Vogel, Brennend stürzte die Lancaster in den See, in: Die Welt vom 7.10.1997
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