Der Baikalsee ist der tiefste See und das größte Süßwasserreservoir der Erde. Er liegt im Osten Russlands und beherbergt eine einzigartige Pflanzen- und Tierwelt. Typisch für den Baikalsee sind die allgegenwärtigen Baikalschwämme. Sie „wachsen“ in den unterschiedlichsten Formen und besiedeln die Felsenriffe und Drop-Offs des Sees. Teilweise bilden sich korallenähnliche Säulengebilde, die bis zu einem Meter Höhe erreichen können. An manchen Tauchplätzen waren die Schwämme so zahlreich, dass mich die Szenerie ein wenig an ein Korallenriff erinnerte. Nur dass die Wassertemperatur hier am Baikalsee gerade einmal 4 bis 5 Grad Celius betrug.
Die Schwämme im Baikalsee gleichen einem Korallengarten
Die Schwämme (Porifera) kleben fest an dem felsigen Untergrund und filtern das Wasser. Da fast alle Schwämme des Baikalsees endemisch sind, d.h. ausschließlich im Baikalsee vorkommen, sind sie auch für Biologen interessant. Sie werden erforscht, um chemische Substanzen aus ihnen zu gewinnen, die unter anderem in der Medizin Anwendung finden.
Verschiedene Arten von Baikalschwämmen
Die Familie der Baikalschwämme (Lubomirskiidae) besteht insgesamt aus vier Gattungen und zwölf Arten: Baikalospongia bacillifera, Baikalospongia dzhegatajensis, Baikalospongia intermedia, Baikalospongia martinsoni, Baikalospongia recta, Lubomirskia abietina, Lubomirskia baicalensis, Lubomirskia fusifera, Lubomirskia incrustans, Rezinkovia arbuscula, Rezinkovia echinata und Swartschewskia papyracea. Die meisten Arten haben aufgrund von symbiontisch lebenden Zoochlorellen eine leuchtend grüne Farbe. Sie können aber auch gelblich oder bräunlich sein. Selten sah ich weiße Schwämme.
Die drei häufigsten Arten im Baikalsee sind Lubomirskia baicalensis, Baikalospongia bacillifera und Swartschewskia papyracea. Vor allem den endemischen BaikalschwammLubomirskia baicalensis mit seiner säulenförmigen, verzweigten Struktur konnte ich bei allen Tauchgängen sehen. Die Verästelungen erreichen meist 30 bis 60 cm Höhe, teilweise auch bis zu einem Meter. Lubomirskia baicalensis gehört zu den Hornkieselschwämmen (Demospongiae), deren Skelett von verkieselten Spikeln gebildet wird, die dem Schwamm seine Festigkeit geben. Von den etwa 5000 Hornkieselschwamm-Arten (ca. 600 Gattungen) gibt es nur wenige Süßwasserarten.
Baikalschwamm Lubomirskia baicalensis
Lubomirskia baicalensis bietet Lebensraum u.a. für Baikalflohkrebse (Gammariden) Brandtia parasitica, Eulimnogammarus cruentus und Eulimnogammarus grandimanus. Aber auch große Flohkrebse der Arten Gammarus cancellus und Acanthogammus victorii sah ich häufig auf Schwämmen sitzen. Bei genauem hinschauen konnte ich auf den Schwämmen auch endemische Platt- bzw. Strudelwürmer, Ringelwürmer und winzige Ruderfußkrebse beobachten.
Flohkrebse wie Gammarus cancellus und Acanthogammus victorii sind auf den Baikalschwämmen häufig zu finden
Leider ist das Ökosystem des Baikalsees bedroht. Die Wasserqualität wird unter anderem durch das Einleiten von Phosphaten und Fäkalien verschlechtert. Das Abwasser bietet Nährstoffe für die (eingeschleppte) Grünalge Spirogyra. Die Alge tritt als frei schwebende, fädige, hellgrüne "Watte" auf und ist an sich harmlos. Jedoch scheint sie vor allem den Schwamm Lubomirskia baicalensis zu mögen und überzieht ihn.
Algen bedrohen das Ökosystem des Baikalsees
Das massenhafte Auftreten der Algen führt zu einem Absterben der Schwämme. Betroffen ist vor allem das Gebiet bei Listwjanka am Abfluss des Baikals zur Angara. Mittlerweile soll sich die Algenplage bereits über die Hälfte des Sees ausgebreitet haben. Es ist zu hoffen, dass die Ausbreitung eingedämmt werden kann und die Natur diesen Stresstest besteht.
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