Taucher des Tauchsportklubs Adlershof berichteten von drei Schildkröten, die sie im Teich des Nelly-Sachs-Parks im Berliner Bezirk Schöneberg angetroffen haben. Man muss also nicht auf die Galapagos-Inseln fahren, um Schildkröten zu beobachten. Das ist auch in unseren heimischen Gewässern möglich.
Exotische Schildkröten in den Gewässern Berlins
An einem sonnigen Frühlingstag im April machte ich mich auf den Weg in den Nelly-Sachs-Park um nachzuschauen, welche Schildkrötenart dort heimisch geworden ist. Ich brauchte nicht lange zu suchen. Auf einem Stein in Ufernähe nahm eine recht große Schildkröte ein Sonnenbad. Der Panzer war mehr als 20 cm lang. Es dürfte sich um eine Cumberland-Schildkröte (Trachemys scripta troostii) handeln, eine Unterart der Nordamerikanischen Buchstaben-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta). Mit ausgestrecktem Kopf genoss sie die warmen Sonnenstrahlen. Mit Sicherheit handelt es sich um ein ausgesetztes unliebsam gewordenes Haustier.
Schildkrötenbeobachtung im Herzen Berlins
In den Berliner Parkanlagen und Seen sind wildlebende Schildkröten keine Seltenheit mehr. Beliebter Tummelplatz für die Schildkröten sind vor allem die Gewässer im Großen Tiergarten. Aber auch in Berliner Seen wie dem Schlachtensee, der Krummen Lanke, in der Havel und an der Spree, im Teltow- und Landwehrkanal sind mittlerweile Schildkröten anzutreffen. Es handelt sich vor allem um Rotwangen-Schmuckschildkröten (Trachemys scripta elegans), Gelbwangen-Schmuckschildkröten (Trachemys scripta scripta) und Cumberland-Schmuckschildkröten (Trachemys scripta troosti). Irgendwie wird es immer exotischer unter Wasser.
Cumberland-Schildkröte (Trachemys scripta troostii) im Nelly-Sachs-Park
Ob und in welchem Umfang die exotischen Neuankömmlinge das heimische Ökosystem schädigen ist heftig umstritten. Die Tiere werden teils als „Problem-Schildkröten“ bezeichnet. Es wird befürchtet, dass sie die Fisch- und Amphibienbestände dezimieren und die heimische Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) verdrängen. Eine solche Verdrängung haben wir bei den Krebsen gesehen. Die heimischen Krebse wurden in Berlin und Brandenburg fast vollständig durch den Amerikanischen Kamberkrebs (Orconectes limosus) verdrängt. Andere behaupten, dass von den Schildkröten keine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht ausgeht, zumal die Europäische Sumpfschildkröte seit fast einhundert Jahren in Berlin gar nicht mehr anzutreffen ist und nur noch in wenigen abgelegenen Gebieten Brandenburgs vorkommt.
Im Reich der Europäischen Sumpfschildkröte
Bei einem Tauchausflug am Rande Berlins fiel mir das Wappen der Gemeinde Grünheide auf. Seit 1934 ziert eine Europäische Sumpfschildkröte das Wappen des Ortes. Es zeigt eine aus Wasserwellen emporsteigende Schildkröte. Die Wasserwellen symbolisieren die Gemeinde umgebenden Wasserläufe, in denen die Schildkröte bis weit in das 20. Jahrhundert lebte. Heute ist sie hier allerdings nicht mehr anzutreffen. Nachdem Sümpfe und Moorflächen trockengelegt wurden, verlor sie ihren Lebensraum.
Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) ist akut vom Aussterben bedroht
Während die Schildkröte früher in Wagenladungen auf Berliner Märkten verkauft wurde und in katholischen Familien als beliebte Fastenspeise diente (als Wasserbewohner galt sie frommen Katholiken nicht als Fleisch, sondern als Fisch), gibt es heute nur noch wenige hundert Tiere in Deutschland. Sie ist eine der seltensten einheimischen Tierarten.
Schildkröten in der Uckermark
Vereinzelte Beobachtungen im Berliner Umland gehen wahrscheinlich auf Einzeltiere zurück, die Dank ihrer Langlebigkeit das Aussterben der Population überlebt haben. Sumpfschildkröten können immerhin 70 bis 100 Jahre alt werden. Doch in der Uckermark wurden einige Restpopulationen nachgewiesen. Vor allem abgelegene Verlandungsmoore von Seen und Kleingewässern mit sonnigen Ufern dienen hier als Lebensraum. Die Tiere sind sehr scheu und tauchen bei geringster Störung blitzschnell unter die Wasseroberfläche.
Mit Hilfe von Wiederansiedlungsprojekten wird versucht, die Europäische Sumpfschildkröte in ihrem historischen Verbreitungsgebiet wieder anzusiedeln. Es bleibt zu hoffen, dass die Schutzmaßnahmen Erfolg haben und sich die Populationen der Sumpfschildkröten wieder erholen.
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